Die Kinderosteopathie nimmt in der Osteopathie eine besondere Stellung ein. Nicht etwa, weil sie besondere Technik erfordert, sondern weil sie die besonderen anatomischen und physiologischen Aspekte des Säuglings berücksichtigen muss.
Dazu sind zwei Dinge besonders wichtig: als erstes die genaue Kenntnis der Anatomie und der embryologischen Entwicklung des Kindes; als zweites braucht der behandelnde Osteopath ein gutes Gespür, eine gute Hand beim „erfahren“ der Störung und die Fähigkeit der Interpretation des Wahrgenommenen. Dies ist die Grundvoraussetzung dafür, die Läsion des Kindes zu finden und behandeln zu können.
Für das Neugeborene (und natürlich auch für die Mutter) stellt die Geburt eine extreme Belastung dar. Der Körper des Kindes wird dabei hohen physikalischen Kräften ausgesetzt. Jeder Geburtsvorgang, sei er ganz normal oder ein Kaiserschnitt, eine Saugglocken-Entbindung o.ä., kann richtige Spuren hinterlassen. Immerhin drückt die Gebärmutter den Schädel des Kindes um bis zu zwei Zentimeter im Durchmesser kegelförmig zusammen. Der Widerstand des Damms bei der Drehung in der Beckenhöhle lässt einzelne Schädelknochen übereinander schieben. Dies ist eigentlich ein ganz normaler Vorgang, der von der Natur gewollt ist und im Grunde keine Schäden beim Kind hinterlässt.
Die Geburt des Kopfes durch den engen Beckenausgang kann aber in Einzelfällen die Knochen der Schädelbasis und mit ihnen die dazwischen liegenden zahlreichen Durchgänge für Blut- und Nervenbahnen zusammenstauchen. Kehren die Knochen der Schädelbasis danach nicht in ihre ursprüngliche Lage zurück, bleiben oft auch die Blut- und Nervenbahnen in ihrer Funktion beeinträchtigt. Die nach dem Kopf austretenden Schultern können zu extremen Drehungen oder Neigungen des Halses führen, mit Auswirkungen auf Halswirbel, Muskeln und Faszien. Auch wenn diese Kräfte vor allem auf den Kopf- und Halsbereich einwirken, können sie dennoch über den Schädel entlang der Wirbelsäule, bis hin zum Becken in den unterschiedlichsten Strukturen und deren Funktionen des Säuglings Folgen zeigen.
Bei den sogenannten Schrei- und Spuckkindern lassen sich diese - wie vorher erwähnt – Asymmetrien des Schädels oder des oberen Halswirbelbereichs entdecken oder es können beidseitige Kompressionen der Schädelknochen bzw. der oberen Kopfgelenke festgestellt werden. Nicht immer schreien Kinder, weil sie an Schmerzen, etwa im Magen-Darm-Trakt, leiden. Asymmetrien und Kompressionen im Kopf- und Halsbereich können auch einen Zug auf die Dura mater auslösen, der sich als Unwohlsein bemerkbar macht.
Osteopathische Behandlung von Schrei- und Spuckkindern
Der Schädel von Kleinkindern lässt sich osteopathisch sehr gut behandeln, da die Knochen noch sehr weich sind und teilweise noch aufeinander zuwachsen müssen. Bei Schrei- und Spuckkindern wird der Osteopath die genannten Asymmetrien und Kompressionen behandeln. Da diese Auswirkungen auf das Nervensystem, Dura mater, Becken und Magen-Darm-Trakt haben, wird der Osteopath auch diese Bereiche untersuchen und gegebenenfalls therapieren.
Bitte beachten Sie folgendes:
Da sich hinter jedem (ständigem) Schreien oder Spucken eines Kindes eine ernsthafte Krankheit verbergen könnte, gehen Sie zur Abklärung einer solchen immer erst zu dem Kinderarzt Ihres Vertrauens!